Mit dem Rad durchs Streutal

Die nachhaltige Entwicklung: Darauf lag der Fokus einer Biosphären-Radtour von Fladungen nach Mellrichstadt. Was es dabei alles zu entdecken gab.

„Danke, dass wir dabei sein durften.“ Schöner lässt sich ein Lob aus den Reihen der Teilnehmer nicht ausdrücken. Und Initiatorin Julia Rösch von der Bayerischen Verwaltung des Unesco-Biosphärenreservats Rhön gab am Ende einer abwechslungsreichen Tagestour das Kompliment an die 25-köpfige Radlergruppe zurück: „Danke dafür, dass Sie alle so wunderbar mitgemacht haben.“  

„Unterwegs in Sachen nachhaltige Entwicklung“ lautete das Motto der zweiten Biosphären-Radtour, die jüngst durch das Streutal von Fladungen nach Mellrichstadt führte. Nach 35 Kilometern Wegstrecke gab es bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die sich als interessierte, aber auch aktive Wegbegleiter gezeigt hatten, nur strahlende Gesichter. Das lag sicher auch daran, dass Julia Rösch und Streutalallianz-Manager Johannes Föhr bei der Routenwahl ein glückliches Händchen hatten. 

An folgenden sieben Stationen machte die Radlergruppe Halt und informierte sich über nachhaltige Projekte. 

Das Rhönmuseum in Fladungen 

Das Rhönmuseum in Fladungen erfindet sich neu. Ein kühner Satz , den Eva-Maria König von der wissenschaftlichen Museumsleitung da ausspricht. Das Heimatmuseum, nach rund 100 Jahren aus der Zeit gekommen, will sich künftig als modernes Regionalmuseum im Herzen der Rhön präsentieren. Untergebracht auf vier Etagen in dem nahezu 400 Jahre alten Gemäuern des historischen Amtshauses. Kernstück des Museums ist das Rhönforum, eingerichtet als Multifunktionsraum, der nach dem Willen der Museumsleitung nicht nur den, sondern auch für Vortragsreihen, Diskussionsrunden und Treffen von Jung und Alt offen steht. Noch heuer soll sich die Museumstüre öffnen.

Der Streuobst-Lehrpfad in Hausen/Rhön

Als erste Modellgemeinde im Biosphärenreservat Rhön ist das Dorf vor allem für seinen Streuobst-Lehrpfad bekannt.  Mit Apfelpapst Adam Zentgraf machten sich Gäste auf den Weg zum knapp zwei Kilometer langen Obstgürtel, der sich in zwei Schleifen durch die malerische Landschaft zieht. „Nur wenn wir unser Obst nutzen und unter die Leute bringen, können die Bestände an Streuobst dauerhaft erhalten werden“, so Landgraf. Zudem sorgt der Obstgürtel mit Artenreichtum und Sortenvielfalt ganz natürlich für Nachhaltigkeit. Nicht zu vergessen, der neben dem Lehrpfad angelegte Sortenerhaltungsgarten ermöglicht den Anbau seltener, wiederentdeckter und erhaltungswürdiger Sorten.

Themenfeld Mobilität in Nordheim v.d. Rhön

Was das Thema Nachhaltigkeit in Sachen Mobilität angeht, kann die Rhöngemeinde punkten: Wer auf zwei Rädern, mit Muskelkraft oder mit Akku, unterwegs ist, kommt am dortigen Cube-Store nicht vorbei. Seit der Corona-Krise hat die Fahrradbranche, insbesondere beim E-Bike, einen wahren Boom erlebt. Raus in die Natur auf zwei Rädern, diese Losung haben Jung und Alt verinnerlicht. Radfahren für touristische und Freizeitzwecke sind ja schön und gut, für Besitzer Michael Hippeli jedoch nicht genug: Er will die Menschen dazu motivieren, das Fahrrad vor allem auch im Alltagsleben zu nutzen. „Ich möchte die Menschen dazu ermutigen, den gewöhnlichen Alltagsverkehr mit dem Fahrrad zu erledigen“, lautete sein Appell zum Thema Nachhaltigkeit.

Gewässer-Lehrpfad in Ostheim v.d.Rhön

Bei der Erkundung des Streutals bietet „die Perle der Streu“, wie sich Ostheim selbst nennt, einen Zwischenstopp an. Zur Erfrischung am Wassertretbecken, als Teilstück des Gewässer-Lehrpfads stets einen Zwischenstopp wert,  hatte Eva Böhm mit der heimischen Bionade gesorgt, die passende Abkühlung für müde Radler-Beine lieferte das Wassertreten in der Streu. Die stellvertretende Landrätin lobte die Biosphären-Radtour als wunderbare Gelegenheit, sich der „Schönheit unserer  Heimat bewusst zu werden“.  Und schloss darin das Ziel mit ein, „unsere wertvolle Kulturlandschaft zu erhalten und eine lebendige Modellregion für nachhaltige Entwicklung zu sein“.

Versorgt am Ort in Stockheim

Wenn es um das Thema medizinische Nahversorgung geht, dann kommt Stockheim ein besonderer Stellenwert zu. Hier wurde im Mai 2023 das Pilotprojekt „Versorgt am Ort“ vom damaligen bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek gestartet. Es ist im Freistaat ein einzigartiges Medizinprojekt. Es nutzt dank der Verahs, das sind medizinisch ausgebildete Versorgungsassistentinnen, den Patienten und entlastet die Ärzte in den Hausarzt-Praxen. Im Streutal sind mittlerweile acht „Versorgt am Ort“-Räume eingerichtet. Bei der Radtour wurde auch im Innenhof des Centhauses der 140. Geburtstag des Sängervereins gefeiert. Dort ließen sich die Radler zur Mittagsrast nieder, die mit der Musik der „Blechköpf“  als besondere Zugabe geschmückt war.

Kernzone Loh bei Mellrichstadt

Vom musikalisch untermalten Mittagessen mitten hinein in die Ruhe im Wald, der so bleibt, wie er ist, also nicht bewirtschaftet wird. Dort in der Kernzone Loh war die Radlergruppe willkommen beim Thema GreenCare – dem Wirken der Natur auf die mentale Gesundheit. Dieses Projekt, das Psychologin Katharina Thümer vom Biosphärenreservat Rhön betreut,  ist nach ihren Worten „noch neuartig und geht auf die Wechselwirkung von Mensch und Natur ein“. Zielgruppe sind in erster Linie Menschen mit  psychischen Erkrankungen. 

Die Innenentwicklung in Mellrichstadt

Am Zielort Mellrichstadt stand schließlich ein ganz anderer Aspekt im Mittelpunkt: Welchen Beitrag kann oder besser gesagt muss Innenentwicklung zum Erhalt einer lebendigen Stadt leisten. Nach dem gelungenen Stadtumbau 2011 sind die Stadtverantwortlichen bestrebt, dieses Ziel mit Nachdruck weiter zu verfolgen. Den Input dazu lieferte Flächensparmanagerin Anne Weiß von der Regierung von Unterfranken, die die Radlergruppe begleitet hatte. Ihr Motto „Das Beste muss nach innen“ demonstrierte sie anhand von großen Fotografien, die das viele Jahre leerstehende Gästehaus Riedel zeigten, auf dessen Areal das heutige Stadthotel Reich steht. Welch ein Kontrast, der sich heute erfreulicher Weise in der Hauptstraße bietet. Damit nicht genug: Dritte Bürgermeisterin Nicole Seemann zeigte in der Bauerngasse zwei gelungene Neubauten auf, die sich in das Ensemble einfügen.

Am Ende der Radtour hatten das UNESCO-Programm „Der Mensch und die Biosphäre“ und seine Bedeutung nur Gewinner. Und die Initiatoren haben aufgezeigt, welche Stopps sich bei einer Streutal-Radtour besonders lohnen.

Text: Georg Stock / Streutalallianz e.V.