„Gestaltungsspielräume sind da – haben Sie Mut!“

Symposium des Landkreises Bad Kissingen und der Flächensparoffensive zeigt Wege auf, wie Brachen sinnvoll genutzt und Freiflächen erhalten werden können

12,2 Hektar – so viel Fläche wurde in Bayern im Jahr 2022 täglich neu in Anspruch genommen. Umgerechnet sind das 17 Fußballfelder. Diesen immensen Flächenverbrauch will der Freistaat deutlich reduzieren, nämlich auf 5 Hektar pro Tag bis 2030. Wie das gelingen kann, darüber informierte ein Symposium am Landratsamt Bad Kissingen. Unter der Überschrift „Um-Bauen im ländlichen Raum: Wie neue Wohnformen Orte beleben und Ressourcen schonen“ hatte Anke Barthel vom Regionalmanagement des Landkreises in Kooperation mit dem Flächensparmanagement der Regierung von Unterfranken ein vielfältiges Programm zusammengestellt, das den rund 60 Teilnehmenden fachliche Impulse sowie Einblicke in die Praxis bot.

„Die Schere zwischen Bevölkerungswachstum und Siedlungswachstum klafft immer weiter auseinander“, sagte Anne Weiß, Flächensparmanagerin bei der Regierung von Unterfranken. Sie belegte anhand von Statistiken und Karten, dass in den vergangenen Jahrzehnten auch im Landkreis Bad Kissingen die Flächen für Siedlungen und Straßenverkehr sehr viel stärker gewachsen sind als die Bevölkerung. Dabei sprach sie auch die verdeckten Leerstände an: Große Häuser, die Eltern alleine bewohnen, weil die Kinder längst ausgezogen sind. „Was fehlt, sind kleinere Wohneinheiten. Und Möglichkeiten für ältere Hausbesitzer, sich über Umzugs- oder Umbaumaßnahmen informieren zu können.“

„Der Bedarf an Kleinwohnungen ist immens“, bestätigte Sommerachs Bürgermeisterin Elisabeth Drescher. In dem von stattlichen Höfen und Fachwerk geprägten Ort beschäftigt man sich schon lange mit der Frage, wie man sowohl den vorhandenen als auch den neu zu schaffenden Wohnraum den sich ändernden Bedürfnissen der Menschen anpassen kann. Dabei soll weder die Umwelt zu Schaden kommen, noch die Seele des Ortes zerstört werden. „Die Lösung ist ein Wechsel zur verdichteten Wohnform“, erläuterte Drescher. So plane man das Neubaugebiet mit einer „kompletten Durchmischung mit verschiedenen Bauformen“, die auch Hofstrukturen schafft und außerdem eine grüne Lunge vorsieht. Ihr Tipp: „Führen Sie Realisierungswettbewerbe durch. Gestaltungsspielräume sind da – haben Sie Mut!“

Münnerstadts Bürgermeister Michael Kastl stellte das „Projekt Treibhaus – Neues Wohnen in der Innenstadt“ vor. Die Stadt will das Areal einer ehemaligen Gärtnerei umgestalten, und zwar mit aktiver Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Dafür wurde Münnerstadt vom Bayerischen Bauministerium als eine von zehn Modellkommunen für das Projekt LANDSTADT BAYERN ausgewählt. Ziel sei es, so Kastl, das neue Viertel im Bestand zu entwickeln, möglichst ohne dabei Freiflächen in Anspruch zu nehmen. „Wir schaffen eine tolle Aufenthaltsqualität, ohne Konkurrenz zur Altstadt herzustellen. In dem neuen Quartier wird nur gewohnt, viele andere Funktionen bleiben in der Altstadt. Das neue Quartier bezeichnen wir daher als Herzschrittmacher für die Altstadt“, so Kastl.

Wie gehen die Menschen außerhalb von Unterfranken mit dem Thema Flächensparen um? Hier gewährte Dr. Vinzenz Dufter vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege spannende Einblicke. Anhand verschiedener Beispiele zeigte er auf, wie andere Städte und Gemeinden ihre Innenentwicklung gestalten und wie es ihnen gelingt, ihr Ortsbild und damit ihre Identität zu wahren. „Es geht um die Wertschätzung der Baukultur: Die Abreißerei muss ein Ende haben“, machte Dufter klar. Es sei wichtig, die Menschen mitzunehmen und dabei den Fokus darauf zu legen, welchen Nutzungswert ein bestandssaniertes Gebäude haben kann – z.B. als Mehrfamilienhaus oder als öffentlicher Treffpunkt. Auch das Thema Parken müsse umgedacht werden: „Gerade im ländlichen Raum möchte am liebsten jeder seinen eigenen Stellplatz direkt vor der Haustüre haben. Das steht aber dem Prinzip des Flächensparens entgegen. Mit Sammelparkplätzen auf gemeinschaftlich genutzten Flächen können hingegen Ressourcen eingespart werden, auch Stromtankstellen können gemeinsam genutzt werden.“

„Wirklich beeindruckend, welche vielfältigen Lösungen es gibt, wie Kommunen gemeinsam mit Planungs- und Architekturbüros immer wieder auf pfiffige Ideen kommen, die sich tatsächlich auch umsetzen lassen und ein Gewinn für alle sind“, zog 

Landrat Thomas Bold am Ende des Symposiums Bilanz. „Klar ist aber auch: Es gibt keine Musterlösung. Jede Kommune muss selbst schauen, welche Maßnahmen zu ihr passen.“ Das wichtigste sei es, die Innenentwicklung nicht zu verschlafen. „Nur so kann die Attraktivität im ländlichen Raum gehalten werden. Am Ende gibt es Sieger und Verlierer. Gewinnen wird der, der die potenziell ansiedlungswilligen Bürgerinnen und Bürger für sich begeistern kann.“ 

Das Symposium wurde im Rahmen des Regionalmanagements gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie.

Text: Natalie Bachmann, Pressestelle Landkreis Bad Kissingen